Die Zunftkirche St. Josef - Heute

Die Zunftkirche St. Josef oder "Josefskirche" bzw. "Bichlskirche" wie sie die Bichlbacher/innen liebevoll nennen, ist ein barockes Juwel. Erbaut wurde sie in den Jahren 1710 bis 1718 nach den Plänen von Johann Jakob Herkommer aus Füssen. Ausführender Baumeister war Andreas Hafenegger aus Tannheim. 1974 gab es eine umfassende Sanierung dieser einzigen Zunftkirche Österreichs!

Die Zunftkirche ist täglich von 9:00 bis 18:00 Uhr für Individualbesucher*innen geöffnet.

Der Bau der St.-Josefs-Zunftkirche

Ausführender Baumeister für das kleinere Gotteshaus war Andreas Hafenegger von Tannheim, der spätere berühmte Stadtbaumeister von Prag. Inwieweit dieser auf die Änderung der Pläne Herkomers Einfluss genommen hat, lässt sich nicht genau feststellen. Der felsige Grund wurde im 1709 ausgehoben, und erst am 15. Mai 1710 konnte der Grundstein mit großer Feierlichkeit durch den Zunftherrn und Pfleger Johann Gaudenz von Rost gelegt werden. Am Feste des Kirchenpatrons St. Josef im Jahre 1711 wurde die erste Predigt in der Kirche gehalten.

Die Ausstattung der Zunftkirche - Hochaltar

Hochaltar – Johann Georg Pauer (Tannheim, um 1710)
Prunkstück der Ausstattung ist der 10 m hohe, überreich dekorierte, fast vollständig vergoldete Hochaltar, der zu den Spitzenleistungen der hochbarocken Bildhauerei im Außerfern zählt. Die Mitte des Altares nimmt das über 2,5 m hohe, rechteckige Altarbild des aus Pfronten im Allgäu stammenden Barockmalers Johannes Heel (1686 ‑ 1749) ein. Es zeigt die Anbetung der Hirten.

Die Ausstattung der Zunftkirche - Fresken

Das Freskenprogramm des Chorraumes ist thematisch auf die Bruderschaftspatro­ne ‑ die Hl. Familie ‑ abgestimmt. Im durch Stuckrahmen geschlossenen Mittelfeld über dem Altar knien Maria und Josef vor der Dreifaltigkeit. Besonders reizvoll sind die Putten hinter dem Mantelbausch des hl. Josef, die dessen Attribute (Zimmer­mannswerkzeug) in Händen halten. Die einfärbigen Zwickelbilder zeigen den Traum Josefs, die Flucht nach Ägypten, die Ruhe auf der Flucht und den Jesusknaben in Jo­sefs Werkstatt. Die Fresken des Betraumes halten Szenen aus dem Leben Jesu nach dessen Auferstehung fest: im Mittelfeld Christi Himmelfahrt (polychrom), in den Camaieu‑Zwickeln (wie im Presbyterium abwechselnd rot/caput mortuum und gelb/ocker) seine Erscheinungen vor Maria, vor Maria Magdalena (Noli me tangere), vor den zwei Jüngern (Emmaus‑Wunder) und vor den zwölf Aposteln (Thomas‑Wun­der). Das kleine Deckenbild über der Orgel nimmt durch die drei Herzen mit den Mo­nogrammen von Jesus, Maria und Josef wiederum auf die Hl. Familie (auch hl. Trias genannt) Bezug. Die breitrechteckigen Fresken an der Brüstung der Orgelempore stel­len links die Herbergsuche, rechts die Anbetung der Könige dar.

Die expressiven, technisch vorzüglichen, nicht signierten Malereien bestechen vor allem durch ihren symbolträchtigen Inhalt. Als ihr Schöpfer wird auf Grund stilkriti­scher Überlegungen Johann Heel aus Pfronten angenommen (um 1710).

Die Ausstattung der Zunftkirche - Bilder und Skulpturen

In der Kirche hängen zwei bemerkenswerte Barockbilder (Öl auf Leinwand), deren reich geschnitzte, vergoldete Akanthusrahmen auffallen. Jenes an der Nordwand stellt den Schutzengel dar (unbekannter Meister aus dem 17. Jh.) ‑ ursprünglich hing hier ein Bild des hl. Johannes von Nepornuk, das in der Zwischenkriegszeit verloren­ging und 1974 durch das jetzige aus dem Depot des Denkmalamtes ersetzt wurde ‑, jenes an der Südwand den hl. Franziskus von Assisi mit dem geigenspielenden Engel (von Johannes Heel, um 1710). Das kleine, goldgerahmte Ölbild mit dem Schweiß­tuch der hl. Veronika dürfte noch aus dem 17. Jh. stammen

Die zahlreichen barocken Schnitzfiguren in den rundbogigen Wandnischen sind ei­nerseits von beachtlicher künstlerischer Qualität, andererseits von großer architekto­nischer Bedeutung, da sie ein wesentlicher Bestandteil des Raumkonzepts sind. Die Plastiken im Chor stellen seitlich des Altares Maria und Josef, hinter dem Triumph­bogen den Verkündigungsengel und den zwölfjährigen Jesusknaben am Betschemel ‑eine ikonographische Seltenheit ‑ dar. Die wesentlich kleineren Barockfiguren im Betraum zeigen vorne rechts abermals den hl. Josef mit dem Jesuskind (wird biswei­len durch eine Statuette des hl. Johannes des Täufers ausgewechselt), hinten rechts Christus an der Geißelsäule (sogenannter Wies‑Heiland), links den Salvator mundi (Fons pietatis). Vom Scheitel des Triumphbogens hängt ein gewaltiges, außerordent­lich expressives Kruzifix (um 1710), ein sogenanntes Pestkreuz oder Wundmalchri­stus, dessen zerschundener Körper von Wunden übersät ist, aus denen Blut in breiten Bahnen fließt.

Weniger dramatisch, aber von klassischer Eleganz ist das lebensgroße Kruzifix in der Vorhalle, das zu den hervorragendsten Rokokoplastiken des Außerfems zählt (2. Hälfte des 18. Jh.).

Die Ausstattung der Zunftkirche - Kanzel und Orgel

Obschon die Kanzel erst aus klassizistischer Zeit (um 1800) stammt, fügt sie sich gut in das geschlossene Raumkonzept ein. Auf einem muschelförmigen Anlauf (mit stilisiertem Pinienzapfen) und einem Lorbeerblattsockel ruht der fünfseitige Kanzelkorb, dessen rechteckige Felder abwechselnd mit Rosetten und Blumendekor versehen sind und dessen Brüstungsgesims Perlschnur‑ und Eierstabornamente aufweist. Die Rückwand ist ebenso klassizistisch gegliedert wie der verhältnismäßig flache Schalldeckel, der an der Unterseite den Hl. Geist und oben drei weißpoliment gefasste Engel mit den Attributen der Drei Göttlichen Tugenden ‑ Glaube (Kreuz und Kelch), Hoffnung (Anker) und Liebe (Herz) ‑ zeigt.

Die Stuckaturen an den Kanzelkapitellen sollen 1804/05 von Georg Pflauder und Franz Fischer gefertigt worden sein.

Die kleine, ungefasste Orgel mit dreiteiligem Prospekt, Schleierbretter mit Rokoko‑Ornamentik und bekrönender Engelsfigur wurde um 1735/40 für die Bichlbacher Pfarrkirche von Georg Ehinger (1680 bis 1744) aus Aitrang im Allgäu geschaffen. Von dort wurde sie 1844 in die Zunftkirche übertragen. Eine komplette Restaurierung erfolgte 1975 durch die Firma Reinisch aus Steinach. Bei der feierlichen Einweihung durch Dekan Ernst Pohler erhielten Orgelpatin Margarethe Strolz und Johanna Berktold eine besondere Ehrung.

Die Ausstattung der Zunftkirche - Übrige Ausstattung

Eine kunsthandwerkliche Besonderheit stellen die beiden marmorierten Chorstühle im Presbyterium dar. Sie stammen von Franz Xaver Wötzer aus Tannheim und wurden um 1860 von Georg Fügenschuh gefasst. Sie haben eine Doppelfunktion, der vordere Teil dient als Bet‑, der rückwärtige als Beichtstuhl. Die Front der Betbänke ist durch vier gedrehte Säulchen in drei quadratische Felder geteilt, deren geohrte Profilrahmen außen je einen versilberten Engelskopf, in der Mitte den gekrönten Doppeladler umfassen. Der überaus reich geschnitzte, versilberte Beichtstuhlaufsatz umschließt ein offenes Oval, in das links das Relief des hl. Georg (Drachenkampf), rechts des hl. Martin (Mantelspende) eingeschrieben ist.

Das naturbelassene Kirchengestühl ist an den Frontbänken ähnlich den Chorstühlen gegliedert, die Betstuhlwangen sind mit einem krautigen Rankenomament beschnitzt.

Das zweiteilige Kirchengitter zwischen Vor‑ und Betraum wurde 1974 von Arthur Hosp aus Bichlbach (unterer Teil) und Anton Hundertpfund aus Lermoos (oberer Teil) in barocken Formen neu angefertigt. Die beiden kleinen Turmglocken tragen die Inschrift: Anno domini 1713 goß mich Mathias Kettelath (Barthlme Köttelath?) zu Innsbruck. Furchtlose Menschen nahmen sie 1916 während der Nacht ab und versteckten sie. Im März 1919 standen sie plötzlich wieder bekränzt neben dem Bußkreuz bei der Josefskirche. In einem langen martialischen Gedicht wird ihre Geschichte erzählt (Schulchronik Lähn). Von 1942 bis 1957 taten sie unermüdlich ihren Dienst im Turm der Pfarrkirche Bichlbach.

Die Ausstattung der Zunftkirche - Krypten

Unter dem Vorraum und der Sakristei befinden sich zwei kleine Krypten, die über eine schmale Holzstiege mit gedrechseltem Deckengeländer erreichbar sind. Es handelt sich um quadratische, flachkreuzgewölbte Räume mit einfachen Stuckleisten, rundbogigen Wandnischen und segmentbogigen Maueröffnungen, Die westliche Krypta ist heute leer, einst befanden sich hier Statuetten und Figurengruppen, die an den Tod Mariens und Josefs erinnerten. Die plastische Ausstattung der östlichen Kapelle ist indes noch erhalten; sie ist dem Andenken an die Passion Christi gewidmet und besteht aus einer vielfigurigen, ungefaßten Abendmahlszene, einer Ölberggruppe und zwei polychromen Plastiken (Ecce Homo und Christus im Grab).

Die Ausstattung der Zunftkirche - Der Wundmalchristus

Der Wundmalchristus in der St.‑Josefs­-Zunftkirche in Bichlbach – vom Oberinntaler Bildhauer Andreas Thamasch

In der St.‑Josefs‑Zunftkirche in Bichlbach hängt vom Scheitel des Chorbogens ein ca. 2,30 m großes, äußerst ausdrucksvolles, von Wunden übersätes Kruzifix, ein sogenannter Wundmalchristus, Tropfheiland, kurz auch Pestkreuz genannt.

Restaurierung der einzigen Zunftkirche Österreichs, St. Josef in Bichlbach

Die Auflösung der Zünfte in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts nach Erlass der Gewerbeordnung 1859 bewirkte auch die Auflassung der Hauptzunftlade in Bichlbach, die die finanzielle Grundlage zur Erhaltung der barocken St.‑Josefs‑Zunftkirche in Bichlbach bildete. Sie wurde nach Reutte übertragen.

Im Jahre 1946 ist aus einem Bericht des Pfarramtes Bichlbach an das Denkmalamt zu entnehmen, dass das Dach unbedingt und auch die Fenster erneuert werden müssten. 1948 wurden die Fenster neu verglast, 1949 das Dach neu eingedeckt. Es wurden jedoch immer nur die dringendsten Sanierungsarbeiten verrichtet. 1964 wurde der Turm neu eingedeckt.

Am 9. Mai 1969 erfolgte die Installierung eines Arbeitsausschusses. Im Juni 1973 wurde mit der Restaurierung begonnen.

Im Herbst des Jahres 1974, am 12. und 13. Oktober, war es soweit. Die Feier mit der Einweihung der Kirche durch Generalvikar Josef Hammerl konnte in Anwesenheit von Landeshauptmann Ök.‑Rat Eduard Wallnöfer, dem großen Gönner und Förderer, festlich begangen werden.
Zur Abdeckung der Restkosten wurde 1975 noch einmal eine Spendensammlung duuchgeführt.
Im Protokoll des Arbeitsausschusses vom 12. Juni 1975 wurden Beschlüsse über die weitere Erhaltung der St.‑Josefs‑Kirche gefasst.
Im Jahre 1986 wurde das Kirchendach (Nordseite) mit Lärchenschindeln eingedeckt.